Veranstaltung: | 1. Landesrat 2017 |
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Tagesordnungspunkt: | 5. Biodiversität |
Antragsteller*in: | Landesvorstand der GRÜNEN JUGEND Bayern (dort beschlossen am: 16.01.2017) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 16.01.2017, 17:51 |
A2: Wir retten die Arten - Die Natur vorm Menschen schützen
Antragstext
Verbrauch messen statt Fläche fressen
Jeden Tag werden in Bayern ungefähr 13 Hektar an Fläche in Siedlungs- und
Verkehrsfläche umgewandelt. Doch unser Boden ist endlich und auch zu wertvoll,
als dass wir ihn wie derzeit in diesen großen Mengen verbrauchen können. Die
GRÜNE JUGEND Bayern setzt sich dafür ein, dass es langfristig einen Netto-Null-
Verbrauch von Flächen gibt. Wenn neue Flächen verwendet werden, müssen an
anderer Stelle in Bayern Flächen wieder von der Versiegelung rekultiviert
werden. Dazu möchten wir einen breiten Baukasten an Instrumenten verwenden.
Die GRÜNE JUGEND Bayern fordert, dass der Schlüssel für Ausgleichsflächen bei
Baumaßnahmen drastisch erhöht wird, um für Kommunen das Bauen unattraktiver und
teurer zu machen. Die Gewerbesteuern für Kommunen muss so verändert werden, dass
es keinen Anreiz mehr gibt, durch große Gebietsausweißung Gewerbe anzusiedeln.
Außerdem müssen Steuern auf unbebaute, aber überplante Grundstücke eingeführt
werden, um Leerstände vorzubeugen. Bereits geplante, aber nicht bebaute
Grundstücke sollen mit einer eigenen Steuer belastet werden, um das Ausweisen
neuer Flächen ohne Bedarf zu reduzieren.
Das vollumfängliche Anbindegebot für Kommunen soll wieder gelten. Neue Bebauung
muss an den derzeitigen Ort anschließen und soll nicht auf dem "freien" Feld
entstehen können. Geschosswohnungsbau sollte in Zuzugsregionen alltäglicher
werden und Reihen- oder Ein- beziehungsweise Mehrfamilienhäuser ablösen. Es soll
schwieriger werden, Landschaftsschutzgebiete in bebaubare Fläche umzuwandeln.
Die Subventionierung von Auto-Pendler*innen sowie die von Baugebieten außerhalb
von Ballungszentren muss abgeschafft werden, um zu vermeiden, dass
Gewerbegebiete auf günstige Freiflächen gebaut werden. Zusätzlich bedarf es
stärkerer Auflagen, um Zersiedelung zu verhindern. Die Möglichkeiten von
privilegierten Bauvorhaben, also solche, die außerhalb qualifizierter
Bebauungspläne liegen, sollen in diesem Zuge stärker beschränkt werden. Scheunen
und Hallen von Bäuer*innen sollen zum Beispiel an bereits bestehenden Höfen
angegliedert werden und nicht unabhängig davon entstehen.
Auch im Bereich der Mobilität muss die Knappheit des Bodens weiter in das
Bewusstsein gerückt werden. Der Neubau von Straßen muss erschwert werden,
besonders wenn diese bisher unbebaute Landschaft zerschneiden. Es sollte der
Grundsatz gelten: Verkehrsvermeidung statt Neubau von Straßen. Außerdem darf es
keine dritte Start- und Landebahn am Münchner Flughafen geben, die die Natur
zerstört.
Monokulturen bekämpfen
Monokulturen sind in Bayern immer weiter verbreitet. Zur Futtermittelgewinnung
oder durch den Maisanbau für Biogasanlagen beanspruchen sie den Boden in der
immer gleichen Weise. Diese Monokulturen sind Flächen, auf denen jahrelang nur
eine einzige Nutzpflanzenart angebaut wird.
Der Nährstoffgehalt der Erde sinkt enorm durch den einseitigen Anbau, was
wiederum einen verstärkten Düngebedarf zur Folge hat. Um die Bodenfruchtbarkeit
zu erhalten, fordern wir Fruchtfolgen oder Mischkulturen statt Monokulturen auf
den Feldern.
Zusätzlich verursachen Monokulturen ein erhöhtes Erosionsrisiko. Durch Erosionen
wird Boden, vor allem humushaltiger an der Oberfläche, zu großen Teilen
abgetragen und der Nährstoffgehalt sinkt. Die Bodenfruchtbarkeit ist auf
ackerbaulich genutzten Flächen zu großen Teilen gefährdet. Ohne eine
landwirtschaftliche Nutzung des Bodens gäbe es in Mitteleuropa überhaupt keine
Bodenerosionen.
Der übermäßige Anbau von Mais in Bayern führt außerdem dazu, dass der Regen das
Düngemittel von den Feldern in die nächstgelegenen Gewässer schwemmt. Die
Wasserqualität sinkt dadurch, da sie von Nitrat, Phosphor und Stickstoff
belastet wird.
Aktuell arbeiten Forscher*innen an der Entwicklung verschiedener
Wildpflanzensaaten, die ebenso viel Gas wie Mais produzieren könnten. Die GRÜNE
JUGEND Bayern fordert eine Erhöhung der Mittel in die gentechnikfreie
Saatgutforschung um auch für Biogas Alternativen zu schaffen.
Grundwässer und Gewässer schützen
In Bayern gibt es viele Bereiche, in denen der Nitratwert im Grundwasser zu hoch
ist. Grund dafür ist meist eine Überdüngung der Böden und ein Versickern der
überschüssigen Gülle in Bächen und Flüssen oder im Grundwasser. Doch neben dem
vermehrten Aufwand für die Wasserwerke, das Nitrat herauszufiltern, steigt auch
die Belastung der bayrischen Bevölkerung mit dem für den Menschen in großen
Mengen schädlichen Stoff. Die GRÜNE JUGEND Bayern sieht die Gefahren, die durch
eine intensive Düngung auf uns und nachfolgende Generationen zukommen. Es wird
Zeit, dagegen zu steuern! Der Grenzwert von 50 mg ist ein viel zu großzügiger
Wert und muss daher abgesenkt werden. Die GRÜNE JUGEND Bayern fordert deswegen,
dass monetäre Anreize geschaffen werden, wenn Bäuer*innen ihre Bewirtschaftung
auf eine Weise umstellen, die eine Nitratabgabe ins Grundwasser vermindert.
Noch größere Anreize sollen für einen Umstieg auf pflanzliche Biolandwirtschaft
geschaffen werden. In erster Konsequenz muss eine strengere Düngeverordnung
eingeführt werden, um Nitrat-, aber auch Phosphor-, Hormon- und
Stickstoffbelastungen im Boden einzudämmen. Es braucht eine Kopplung von
Tierhaltung und Düngeausbringungsfläche, um Tierfabriken, die in Massen Gülle
produzieren und diese nicht vollumfänglich loswerden, zu verhindern. Nicht
unbedenkliche Zusatzchemikalien in Düngemittel lehnen wir ab, um das Trinkwasser
nicht zusätzlich zu gefährden, mittelfristig soll nur noch organischer Dünger
verwendet werden. Bei der Auswahl der Ausbringungsmaschine muss sowohl auf
geringes Gewicht zur Vorbeugung von Bodenverdichtung, aber auch auf eine
effektive Ausbringungsmethode mit geringstmöglichen Nährstoffverlust geachtet
werden.
Um unser Gewässer weiter zu schützen muss auch die Problematik von Überflutungen
beleuchtet werden. Natürliche Überschwemmungsräume an Gewässern halten den
wirtschaftlichen Schaden in kleinem Rahmen und nützen der Natur, indem sie
Nährstoffe auf Auen, Wiesen und Wäldern schwemmen. Daher fordert die GRÜNE
JUGEND BAYERN die Schaffung von Überflutungsflächen an Gewässern mit
Renaturierung der Auen und Gewässerläufe. Natürliche Überschwemmungsräume an
Gewässern halten den wirtschaftlichen Schaden in kleinem Rahmen und nützen der
Natur, indem sie Nährstoffe auf Auen, Wiesen und Wäldern schwemmen. Daher
fordert die GRÜNE JUGEND BAYERN die Schaffung von Überflutungsflächen an
Gewässern mit Renaturierung der Auen und Gewässerläufe.
Plastik - Freund oder Feind?
Plastik ist ein fester Bestandteil unseres aktuellen Lebens. Dabei gerät immer
mehr Plastikmüll, häufig in Kleinstform, ins Abwasser und damit in Flüsse und
Meere. Die Folgen dieser Entwicklung sind noch nicht genauer erforscht und daher
unklar. Klar hingegen ist, dass Kläranlagen aktuell nicht darauf ausgelegt sind,
Mikroplastik, also Plastikstücke bis fünf Millimeter, aus dem Abwasser
herauszufiltern. Dafür fehlt teilweise auch noch die Technik. Zudem lösen sich
verschiedene gefährliche Stoffe, wie Bisphenol A und die Phthalate, diese werden
unter anderem für die Verweiblichung von Fischbeständen verantwortlich gemacht.
Das verschiebt das komplette ökologische Gleichgewicht in eine gefährliche
Richtung und gefährdet betroffene Arten.
Zudem setzt sich das Mikroplastik auf den Grund des Meeres und Gewässers hab.
Bei der Nahrungssuche verwechseln Fische und andere Meerestiere das Mikroplastik
mit Zooplankton und fressen dieses. Das Plastik kann nicht verdaut werden und
gaukelt den Tieren ein Sättigungsgefühl vor. Dadurch verhungern die Tiere auf
Dauer. Die GRÜNE JUGEND Bayern setzt sich daher für eine Beendigung der
Vermüllung der Meere und anderer Gewässer ein. Zudem muss es ein Verbot für
Mikroplastiknutzung in Kosmetika und Reinigungsmitteln geben, besonders da es
bereits ökologische Alternativen gibt.
Auch große Plastikstücke müssen besser abgebaut werden und dürfen auf keinen
Fall im Meer landen. Diese werden auf Dauer zerrieben und in Mikroplastik
verwandelt.
Bereits in die Umwelt gelangtes (Mikro-)Plastik muss dringend herausgefiltert
werden. Dafür fordert die GRÜNE JUGEND Bayern mehr Geld für die dafür benötigte
Forschung und ein Ausbau der Kläranlagen.
Die GRÜNE JUGEND Bayern fordert weiterhin eine Unterstützung von nachhaltigen
Produkten wie Mehrwegplastiktüten und -bechern. Langfristig sollen
Einwegprodukte überflüssig werden.
Wasserkraftwerke - eine saubere Energie?
Die GRÜNE JUGEND Bayern setzt sich seit ihrem Bestehen für eine nachhaltige
Energiewende ein. Dazu gehört neben Solar- und Windkraftanlagen auch die
Wasserkraft. Wir unterstützen den Ausbau regenerativen Energie in aller
Deutlichkeit. Doch wie allen Bereichen muss es klare Regelungen und Bedingungen
für den Ausbau geben, um diesen möglichst Umweltverträglich zu gestalten. Das
beinhaltet einen möglichst geringen Eingriff in den Lebensraum von Tieren und
Pflanzen.
Dafür fordert die GRÜNE JUGEND Bayern, dass ein Potentialausbau bestehender
Wasserkraftwerke stattfindet und diese insbesondere in Naturschutzbelangen
nachgerüstet werden. Dafür müssen kreative Lösungen gefunden werden, die die
Durchlässigkeit von Treibgut, Fischen und anderen Lebensformen ermöglicht.
Treibgut dient häufig als vielseitig genutzten Lebensraum für Fische und
Kleinstlebewesen. Für Fische sind Fischtreppen und -aufzüge denkbar. Diese
werden bereits häufig verbaut, aber nicht richtig ausgeführt. Das gilt es bei
allen Beteiligten zu schulen, um diese Baumängel zu beseitigen. Um eine
nachhaltige Bewirtschaftung zu erreichen gilt es zudem angrenzende, artenreiche
Auenbereiche zu erhalten und Grundwasserverhältnisse zu schützen.
Den Neubau von Wasserkraftanlagen sieht die GRÜNE JUGEND Bayern kritisch und
sollte nur nach einer gründlichen Prüfung in Bezug auf deren Einfluss auf das
Ökosystem ausgeführt werden.
Heilpflanzen und Grünanlagen für die Gesundheit
In der Medizin sind pflanzliche Wirkstoffe die wichtigste Grundlage. Etwa 50.000
Pflanzenarten werden weltweit medizinisch genutzt, rund 50% der weltweit
zugelassenen Medikamente haben einen pflanzlichen Ursprung. Bereits jetzt sind
etwa 1.400 tropische Pflanzenarten potentiell als Mittel zur Behandlung von
Krebserkrankungen von Bedeutung. Eine schwindende Artenvielfalt ist damit ein
bedeutendes Risiko bei der Entwicklung neuer Arzneimittel, viele Heilpflanzen
sind gefährdete Arten. Die GRÜNE JUGEND Bayern fordert deshalb einen verstärkten
Schutz von Heil- und Aromapflanzen sowie endlich einen verpflichtenden
zertifizierten fairen Handel mit ihnen. Daher sprechen wir uns auch gegen eine
Patentierung von Heilpflanzen aus, die Medikamente müssen allen Menschen zur
Verfügung stehen. Außerdem setzen wir uns für öffentliche Grünanlagen,
Spazierwege und Spielplätze zur Gesundheitsprävention vor Ort ein. So wird
nebenbei Natur und ökologische Vielfalt für Menschen erfahrbar und diese wird
stärker wertgeschätzt.
Biodiversität schon in der Schule lehren
Neben der Umsetzung von Umweltschutzmaßnahmen ist für uns die Wissensvermittlung
über Biodiversität ein wichtiger politischer Baustein. Dabei soll das Thema
nicht nur im Biologieunterricht behandelt werden sondern als Querschnittsthema
die Wichtigkeit von biologischer Vielfalt in allen Unterrichtsfächern
einfließen. Neben einer theoretischen Wissensvermittlung ist dabei aber
besonders das praktische Erleben wichtig. Daher fordert die GRÜNE JUGEND Bayern
einen stärkeren Schwerpunkt in den Lehrplänen auf die Bedeutung der
unterschiedlichen Aspekte von Biodiversität zu legen sowie Wandertage und andere
Aktionen, mit denen eine Sensibilisierung für Umweltschutz und Artenvielfalt
stattfindet, als festen Bestandteil der Lehrpläne aufzunehmen. Außerdem sollen
in den Schulen selbstverwaltete Projekte wie Schulbeete oder Insekten- und
Vogelhäuser gefördert werden.
Aufklärung für alle Menschen
Neben der Schulbildung möchten wir Wissensangebote für alle Menschen schaffen.
Biodiversität ist für uns alle wichtig und deshalb sollen niedrigschwellige
Angebote ein praktisches Erleben von ökologischer Vielfalt ermöglichen. Daher
fordern wir die Staatsregierung auf Vogelschutzwarten, naturkundliche Museen
oder Botanische Gärten als Möglichkeiten der Wissensvermittlung zu fördern.
Damit alle Personen den gleichen Zugang haben können, sprechen wir uns für einen
kostenfreien Zugang aus. Außerdem soll die Staatsregierung in
Öffentlichkeitskampagnen für dieses wichtige Thema sensibilisieren. Besonders
bei der Wiederansiedlung von heimischen Beutetieren wie dem Luchs oder dem Wolf
gilt es noch, Vorbehalte abzubauen und in der Bevölkerung für eine Akzeptanz zu
werben.
Mehr Förderung für die Forschung
Die Biodiversitätsforschung hat bereits viele durchbrechende Erkenntnisse
gebracht, dennoch sind die meisten Bereiche immer noch weitgehend unerforscht.
Die Tiefsee ist dafür nur das bekannteste Beispiel, dramatisch ist, dass täglich
unentdeckte Arten vom Menschen ausgerottet werden. Gerade auch deshalb braucht
es eine interdisziplinäre Schwerpunktforschung zum Erhalt der Biodiversität. Die
GRÜNE JUGEND Bayern fordert daher Biodiversitätsforschung als eigenen Punkt im
EU-Forschungsrahmenprogramm "Horizont 2020" aufzunehmen. Außerdem fordern wir
die Staatsregierung auf, Datenbanken und wissenschaftliche Sammlungen von Arten
und Genen an bayerischen Hochschulen stärker zu fördern. Das Ziel muss sein,
dass keine Art mehr unerforscht verloren geht und durch Ursachenforschung die
Ökosysteme so geschützt werden, dass keine Art mehr verloren geht.
Begründung
Erfolgt mündlich.