Veranstaltung: | 42. Landesjugendkongress |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 06 Schwerpunkt Innenpolitik: Freiheit sichern! |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 15.05.2018, 09:47 |
Antragshistorie: | Version 1 |
FS2NEU: Freiheit sichern - kein Fußbreit dem Faschismus!
Antragstext
Wo man im Jahr 2018 auch hinschaut, fast überall im politischen Betrieb wird der
Rechtsruck deutlich, den selbiger in den letzten Jahren hinter sich hat. Bei der
Bundestagswahl 2017 zog mit der AfD eine rechtsextreme Partei in den Bundestag
ein. Insbesondere Geflüchtete und als nicht-deutsch gelesene Personen, aber auch
politisch andersdenkende Menschen sind zuletzt einer immer größer werdenden
Bedrohung durch rechte Übergriffe ausgesetzt. Dazu kommen massive verbale
Einschüchterungen und Hetze, insbesondere online in den sozialen Netzwerken.
Den Rassismus der "Mitte" enttarnen!
Gefährlich machen den Rechtsruck jedoch nicht nur die Aktivitäten alter und
neuer Nazis, sondern auch das Agieren der sogenannten politischen und
gesellschaftlichen "Mitte". Führende Politiker*innen von CDU und besonders der
CSU machen mit rassistischen und rechtspopulistischen Parolen Wahlkampf und
selbst einige wenige Politiker*innen der SPD, Linken und Grünen Stimmung gegen
Geflüchtete. Alle Asylrechtsverschärfungen der letzten Jahre wurden sowohl im
Bundestag als auch in der Bevölkerung von Mehrheiten getragen, deren Gesinnung
von einer klassisch "rechtsextremen" weit entfernt ist. Ähnliches gilt für den
in der BRD immer noch grassierenden Alltagsrassismus. Derart in der Gesellschaft
fest verankerte Formen des Rassismus werden oft nicht als solche erkannt und
sind gerade deswegen ein großes Problem. Hierzu zählen unteranderem
diffamierende Begriffe für Menschen afrikanischer Herkunft, Sinti oder Roma.
Sprache bestimmt das Denken. Schlimmer noch: Kritik an rassistischen Aussagen,
Handlungen und Gesetzen wird relativiert und diskreditiert. Wir werden den
Rassismus der "Mitte" enttarnen und wenden uns klar gegen jede rassistische
Hetze, beispielsweise die der CSU.
Schluss mit dem Extremismus-Quatsch!
Ein weiteres Instrument zur Verschleierung und Negierung menschenverachtender
Einstellungen in der "Mitte" der Gesellschaft ist die sogenannte
Extremismustheorie. Dabei werden radikal Rechte und radikal Linke pauschal
gleichgesetzt, ihnen die gleichen "verfassungsfeindlichen" Einstellungen
zugesprochen und die "Mitte" ebenso pauschal von menschenfeindlicher Gesinnung
freigesprochen. Völlig undifferenziert werden die unterschiedlichsten
politischen Einstellungen, die scheinbar von derer der Mehrheitsgesellschaft
abweichen, unter dem Extremismusbegriff zusammengefasst. Sogenannte radikale
Rechte und radikale Linke unterscheiden sich im Kern ihrer Ideologie
grundsätzlich: Rechts steht eine Theorie der Ungleichheit, Links ist eine
Theorie der Gleicheit konstituierendes Merkmal. In der Wissenschaft ist die
Extremismustheorie deswegen sehr umstritten und wird von vielen
Wissenschaftler*innen als falsch abgelehnt. Auch für die GRÜNE JUGEND Bayern
verbietet sich jede Gleichsetzung von links und rechts und eine Absolution der
"Mitte". Menschenfeindliche Einstellungen müssen unabhängig davon, wer sie
äußert, benannt und bekämpft werden. Und Menschen, die sich Nazis in den Weg
stellen, verdienen Anerkennung und keine Gleichsetzung mit ihren Gegner*innen!
Verfassungsschutz abschaffen!
Auf der Extremismustheorie basiert auch die Arbeit des Landesamts für
Verfassungsschutz in Bayern. In seinen Lageberichten werden Aktivtäten von
radikalen Linken und radikalen Rechten nebeneinander aufgereiht. Wie
inkonsequent der Verfassungsschutz bei der Anwendung seiner eigenen Theorie ist,
zeigt sich in der Beobachtung von Teilen der Linkspartei und der Nicht-
Beobachtung der AfD. Generell erscheint gerade in Bayern der Verfassungsschutz
als Mittel der CSU, insbesondere zur Diskreditierung linker Einstellungen und
Strukturen. Darüber hinaus war der Verfassungsschutz tief in den NSU-Skandal
verstrickt und fördert nicht selten die neonazistische Szene durch die Gehälter
von V-Personen. Der Verfassungsschutz ist als Behörde gescheitert. Die GRÜNE
JUGEND Bayern fordert deswegen die sofortige Abschaltung aller V-Personen und
anschließend sobald wie möglich die Abwicklung und Abschaffung des
Verfassungsschutzes. Stattdessen muss eine Institution aufgebaut werden, die
ihre nachrichtendienstlichen Aktivitäten auf ein Minimum beschränkt, eng mit
Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammenarbeitet und Konzepte für den
zivilgesellschaftlichen Kampf gegen menschenverachtende Einstellungen und
Ideologien vorlegt. Darüber hinaus wollen wir die parlamentarische Kontrolle des
noch bestehenden Verfassungsschutzes und der zu zu schaffenden Institution
stärken und hierzu ein parlamentarisches Kontrollgremium.
Ob NPD oder "III. Weg" - den NS-Wiedergänger*innen den Kampf ansagen!
Neben der NPD haben sich mit dem "III. Weg", der Nachfolgepartei des verbotenen
"Freien Netz Süd" und der Partei "DIE RECHTE" zuletzt zwei weitere
Organisationen gebildet, die den Nationalsozialismus offen verherrlichen,
klassischen Antisemitismus und Revisionismus verbreiten und oft auch Gewalt
gegen politische Gegner*innen und Geflüchtete ausüben. Obwohl die klassisch-
neonazistische Szene in letzter Zeit etwas aus dem Blickfeld vieler geraten ist,
darf sie doch auf keinen Fall unterschätzt werden. Sie stellt nach wie vor eine
große Gefahr für alle Personengruppen dar, die nicht in ihr menschenverachtendes
Weltbild passen.
. Deswegen lehnt die GRÜNE JUGEND Bayern insbesondere eine staatliche
Parteienfinanzierung solcher NS-verherrlichender Parteien strikt ab. Dazu kommen
- gerade in Bayern - die oft durch den "III. Weg" organisierten "Streifengänge"
neonazistischer "Bürgerwehren". Auch die "Soldiers of Odin" stellen eine weitere
Gruppe dar, die versuchen, auf der Straße durch Präsenz Menschen einzuschüchtern
und rassistisch motivierte Straftaten zu begehen. Die GRÜNE JUGEND Bayern
fordert daher ein sofortiges Verbot dieser Gruppierungen und stellt sich klar
gegen national-rassistisch motivierte Straftaten.
Die "Neue Rechte" - brauner Wein in blauen Schläuchen
Neben der klassisch-neonazistischen ist in den letzten Jahren eine neue, sehr
heterogene rechtsextreme Bewegung entstanden, die sogenannte "Neue Rechte".
Hierzu sind insbesondere die "Identitäre Bewegung" und die Initiative "1% für
unser Land" zu zählen, aber auch Einzelpersonen wie Götz Kubitschek und große
Teile der AfD. Die Akteur*innen der "Neuen Rechten" setzen auf reichweitenstarke
Aktionen und werden dabei immer wieder gewaltätig. Viele vertreten einen
völkischen Nationalismus, der oft an ähnliche Konzepte des NS erinnert. Dieser
wird hinter einer vermeintlichen "deutschen Identität" versteckt, welche durch
ansprechende Aufbereitung in Social Media besonders junge Menschen ansprechen
soll. So versucht besonders die "Identitäre Bewegung" Rassismusvorwürfe zu
umgehen und ist deswegen hochgefährlich. Mit der AfD besitzt die "Neue Rechte"
nun auch einen parlamentarischen Arm, der diesen Raum für seine
menschenverachtende Agitation nutzt.
Rechte Hetze raus aus den Medien und den sozialen Netzwerken
Doch nicht nur offline, auch im Netz zieht menschenverachtendes Gedankengut
weite Kreise, rechte Blogs, Facebookseiten und Instagramaccounts haben häufig
eine sehr große Reichweite und nutzen sie, um dieses insbesondere unter jungen
Menschen zu verbreiten. Auch sind für den Laien derartige Seiten häufig nicht
eindeutig nach rechts zu verorten. Erst bei genauerem Hinsehen wird klar,
welches eigentliche Gedankengut hinter den vielfach geteilten Posts steht.
Rechte Gruppen nutzen ihre Social-Media-Netzwerke auch zu gezielten Shitstorms
und versuchen im Extremfall, unliebsame Personen durch Morddrohungen mundtot zu
machen. Oftmals werden solche Delikte von der Polizei aus Unwissenheit oder
Unwillen nicht verfolgt.
Das Internet darf jedoch kein rechsfreier Raum sein in dem Rechte
unwidersprochen und ungestraft Menschen beleidigen und gegen Minderheiten hetzen
können - vielmehr müssen volksverhetzende Inhalte klar benannt und verfolgt
werden! Opfer von rechts motiviertem Cyber-Stalking und -Mobbing müssen ernst
genommen werden und Hilfe erhalten. Zudem muss dieses Verhalten verfolgt und
bestraft werden, das Internet darf kein Platz für menschenverachtende Hetze und
Ideologien sein!
Darüber hinaus propagieren Verlage wie zum Beispiel "Antaios" oder
"Manuscriptum", die Wochenzeitschrift ,,Junge Freiheit'' oder auch das
"Compact"-Magazin die Inhalte der "Neuen Rechten", in den von ihnen verlegten
Medien und versuchen so, diese gesellschaftsfähig zu machen.
Die GRÜNE JUGEND Bayern fordert deswegen insbesondere die Veranstalter*innen von
Buchmessen auf, solchen rechtsextremen Verlagen keine Bühne zu bieten!
Antifaschistische Zivilgesellschaft stärken!
Für uns ist klar: diesem Treiben darf nicht länger tatenlos zugesehen werden!
Egal ob alte oder neue Nazis - wir stellen uns als antifaschistischer
Jugendverband klar und deutlich gegen jede Art von Rassismus, Nationalismus,
Chauvinismus und Antisemitismus und Antiziganismus. Unser Ziel ist es, AfD, NPD,
Identitäre und Co. aus der Gesellschaft zurückzudrängen. Es gilt, in der
öffentlichen Debatte die Deutungshoheit zurückzugewinnen. Unsere Mittel dafür
sind vielfältig. Wir wollen diesen Feind*innen der Menschlichkeit keinen Raum
auf der Straße geben und werden uns als GRÜNE JUGEND Bayern wo immer möglich an
antifaschistischen Protesten gegen Naziaufmärsche beteiligen. Wir werden
versuchen, mit Bildungsangeboten junge Menschen für menschenverachtende
Einstellungen zu sensibilisieren.
Darüber hinaus sind auch gesamtgesellschaftliche Bildungsmaßnahmen notwendig. In
der Schule muss ein deutlich größeres Augenmerk auf die Erkennung und Bekämpfung
menschenverachtender Ideologien gelegt werden. Zivilgesellschaftliche Initativen
gegen Rassismus sollten vom Staat unterstützt und nicht aufgrund vermeintlichen
"Linksextremismus" kriminalisiert werden. Ziviler Ungehorsam muss dringend
entkriminalisiert werden. Auch Blockaden von Naziaufmärschen sind
Meinungsäußerungen. Eine kurzfristige und unkomplizierte Anmeldung von
Gegendemonstrationen muss möglich sein. Außerdem darf der Staat durch
unverhältnismäßige Auflagen eine Demonstration weder einschränken noch
unterbinden. Offensichtlich neonazistische Demonstrationen dürfen keinen Zugang
zu Straßen und Plätzen erhalten, die im Zusammenhang mit dem Gedenken an den NS
stehen.
Außerdem müssen die Opfer rechter Gewalt als solche anerkannt, ernst genommen
und angemessen entschädigt werden. Es kann nicht sein, dass rassistische
Gewalttaten wie das Attentat am Münchner Olympiaeinkaufszentrum nicht als solche
benannt und rechte Hintergründe weiterhin in vielen Fällen ignoriert werden.
Neben der Zivilgesellschaft muss auch der Staat stärker gegen rechtsextreme
Organisationen vorgehen. Die GRÜNE JUGEND Bayern fordert deswegen, der NPD die
staatliche Parteieinfinanzierung zu streichen, wie es das
Bundesverfassungsgericht 2017 angeregt hat. Darüber hinaus muss der
Parteienstatus des "III. Weg" geprüft werden und bei einer Aberkennung ein
Verbot erfolgen. Weiterhin fordert die GRÜNE JUGEND Bayern das Verbot der
"Identitären Bewegung" und der "Initiative 1% für unser Land". Auch das Handeln
und die Verbindungen der AfD zur gewaltbereiten rechten Szene müssen in den
Fokus der Sicherheitsbehörden. Die Polizei muss für die Erkennung und Bekämpfung
von Straftaten mit rechter Motivation besser geschult werden. Insbesondere bei
rechten Demonstrationen muss das Zeigen verbotener Symbole konsequent
unterbunden und strafrechtlich verfolgt werden. Ebenso muss klar und deutlich
gegen die Streifengänge rechter "Bürgerwehren" vorgegangen und diese konsequent
unterbunden werden. Auch hier muss bei festen Gruppierungen wie den "Soldiers of
Odin" ein Verbot geprüft werden.
"Reichsbürger*innen"
Bayern ist zudem das Bundesland mit den meisten sogenannten
"Reichsbürger*innen". Derzeit zählt diese Szene 3500 Menschen und hat sich in
den letzten zwei Jahren verdoppelt. "Reichsbürger*innen" erkennen die
Bundesrepublik nicht als Staat an und verbreiten oftmals rechtsextreme und
revisionistische Ansichten und wollen das "Deutsche Reich" von 1937 oder 1918
zurück. Viele der "Reichsbürger*innen" besitzen Waffen, sind gewaltbereit und
planen einen gewaltsamen Umsturz. Manche von ihnen arbeiten auch im öffentlichen
Dienst, zum Beispiel der Polizei. Die CSU-Staatsregierung hat diese
rechtsextreme Strömung viel zu lange gewähren lassen! Beschäftigte im
öffentlichen Dienst, denen zweifelsfrei eine Zugehörigkeit zur
„Reichsbürger*innen“-Bewegung nachgewiesen werden kann, müssen sofort aus ihren
Positionen entfernt werden. Zudem muss ein sofortiges Waffenverbot für alle
„Reichsbürger*innen“ erlassen werden.
"Nie wieder" oder "immer noch"?
Es wird wird bald keine Zeitzeug*innen von Shoa und NS mehr geben. Umso
erschreckender ist es, dass man zurzeit kein großartiges Problem bekommt, wenn
man sich positiv auf den NS bezieht, Rassismus oder Antisemitismus verbreitet
oder sich das sogenannte "Deutsche Reich" zurückwünscht. Es ist eine
gesamtgesellschftliche Aufgabe und auch die der GRÜNEN JUGEND Bayern, sich
solchen Tendenzen entschlossen in den Weg zu stellen. Wir werden alles dafür
tun, damit sich die deutsche Geschichte nicht wiederholt!
Begründung
Erfolgt mündlich.
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