Veranstaltung: | 43. Landesjugendkongress |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 4 Schwerpunkt Jubiläum und Perspektiven |
Antragsteller*in: | Landesvorstand GRÜNE JUGEND Bayern (dort beschlossen am: 15.11.2018) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 15.11.2018, 22:18 |
S1: Wahl vorbei - und jetzt?
Antragstext
Das Jahr 2018 markiert für die bayerische Politik eine Zäsur. Erstmals seit
Jahrzehnten sind in Bayern zehntausende Menschen gegen die Politik der
regierenden CSU auf die Straße gegangen. Die Demonstrationen im Frühjahr gegen
die Novellierung des Polizeiaufgabengesetzes und im Sommer und Herbst gegen die
Asylpolitik der CSU haben bewiesen, dass viele, insbesondere junge, Menschen
sich weder Stil noch Inhalte der Politik der CSU länger bieten lassen wollen.
Die junge Generation wünscht sich ein Leben ohne Überwachung und ohne einen
autoritären Staatsgeist. Die Landtagswahl war deswegen auch eine Abstimmung, bei
der viele Menschen ein Zeichen gegen den immer stärker werdenden Rechtsruck
gesetzt haben. Entscheidend war für junge Menschen auch die Frage nach
Klimagerechtigkeit. Nicht erst durch den heißen Sommer 2018 haben viele erkannt,
dass jetzt gehandelt werden muss, damit auch in 50 Jahren noch ein gutes Leben
auf diesem Planeten möglich ist. Neben diesen beiden grenzübergreifenden Themen
spielten auch landespolitische Fragestellungen eine Rolle. Themen wie Mobilität
im ländlichen Raum, Bildung und die hohen Mieten in den Städten mobilisierten
die junge Generation. Und ganz generell zeigten die Monate bis zur Wahl, dass
junge Menschen endlich über ihre Zukunft mitbestimmen wollen!
Mit unserem Veränderungs-Wahlkampf konnten wir als GRÜNE JUGEND Bayern viele
dieser jungen Menschen ansprechen. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2018
konnten wir 625 Neumitglieder gewinnen und unsere Mitgliederzahl ist auf fast
1700 gestiegen. Wir haben mit unserer Bustour auch in den ländlichen Regionen
Bayerns viele Menschen ansprechen können und erhielten bei unseren Aktionen sehr
viel positive Rückmeldung. Bei der Landtagswahl selbst konnten die GRÜNEN in der
Altersgruppe der 18 bis 29-Jährigen mit 24% nur knapp hinter der CSU das
zweitbeste Wahlergebnis erzielen. Viele unserer Landtagskandidat*innen bekamen
enorm starke Zweitstimmenergebnisse und Eva Lettenbauer, Florian Siekmann und
Tim Pargent zogen als Kandidat*innen der GRÜNEN JUGEND Bayern in den bayerischen
Landtag ein. Das alles bestärkt uns: Junge Leute in Bayern wollen den Wechsel
und wählten deswegen junge Kandidierende als ihre Vertretung in den Landtag!
Zur Realität gehört aber auch, dass dieser Wechsel in Bayern nach der
Landtagswahl ausblieb. Während es bei den jüngeren Wähler*innen eine komfortable
Mehrheit gegen CSU und AfD gegeben hätte, war dies beim Gesamtergebnis nicht der
Fall. Die CSU konnte mit den Freien Wählern eine Koalition bilden, die im besten
Fall Stillstand bedeutet. In der Innenpolitik wurde für das neue
Polizeiaufgabengesetz lediglich ein Prüfauftrag vergeben, anstatt die letzten
beiden Novellen zurückzunehmen. Stattdessen soll die europafeindliche bayerische
Grenzpolizei sowie die Schleierfahndung – in Grenznähe nichts anderes als Racial
Profiling – ausgebaut werden. Zudem soll die wissenschaftlich völlig unhaltbare
Extremismustheorie Verfassungsrang erhalten: ein weiterer Versuch der CSU, links
und rechts gleichzusetzen.
Geflüchtete sollen weiter in sogenannten ANKER-Zentren untergebracht werden und
dabei vordringlich lediglich Sachleistungen erhalten, anstatt selbstbestimmt
dezentral untergebracht leben zu können. CSU und Freie Wähler wollen bei
Abschiebungen „Vorreiter bleiben“. Das schließt sich sowohl im konkreten
Handeln, als auch in der Ausdrucksweise nahtlos an Horst Seehofers Zynismus im
Umgang mit Geflüchteten im Sommer 2018 an. Es soll weiterhin zwar ein
Klimaschutzgesetz geben und Klimaschutz als Staatsziel in der Verfassung
verankert werden. Doch diese richtigen Vorhaben bleiben wirkungslos, da
keinerlei konkrete Maßnahmen formuliert werden und das Ziel der CO₂-Reduktion
auf das Jahr 2050 und damit in eine kaum greifbare Zukunft verschoben wurde.
Auch an der 10H-Regelung, die die Energiewende blockiert, soll nicht gerüttelt
werden. Für die Gleichberechtigung von Frauen ist im Koalitionsvertrag gar
nichts enthalten. Es kommt nicht einmal das Wort in diesem Zusammenhang vor. Und
anstatt sinnvolle Maßnahmen im Bereich Bildung und Jugendpartizipation wird auf
Placebos gesetzt oder es sind gar keine sinnvollen Maßnahmen vorhanden. Somit
ändert sich auf den Politikfeldern, bei denen junge Leute vor der Wahl
Veränderung verlangt haben, nichts. Gleichzeitig geht von der neuen
Staatsregierung keinerlei Angebot an junge Menschen zur Mitgestaltung ihrer
eigenen Zukunft aus. Für die junge Generation ein Schlag ins Gesicht!
Im Wahlkampf haben wir uns für echte Veränderung stark gemacht – lasst uns jetzt
zeigen, dass wir für diese Veränderung auch einstehen! Auch wenn die
Staatsregierung keinerlei Willen zur Veränderung und Einbindung der jungen
Generation zeigt, so haben wir als GRÜNE JUGEND Bayern genug Möglichkeiten, um
zu zeigen, dass es uns mit unserer Zukunft ernst ist! Wir wollen den
Veränderungswillen der jungen Menschen in Bayern in den Landtag tragen und
gleichzeitig im ganzen Land diejenigen, die unsere Ziele teilen, politisieren,
mobilisieren und in unsere politische Arbeit einbinden.
In den nächsten fünf Jahren werden wir mit drei Abgeordneten im bayerischen
Landtag vertreten sein. Eva, Flo und Tim geben der jungen Generation dort eine
Stimme. Als GRÜNE JUGEND Bayern werden wir diesen Weg gemeinsam mit ihnen gehen
und sie in allen Belangen bestmöglich unterstützen. Außerhalb des Parlaments
werden wir weiter an einer besseren Welt arbeiten. Ein zentrales Thema der
kommenden Legislatur werden – auch aufgrund der laufenden Klagen gegen das
Polizeiaufgabengesetz – unsere Freiheitsrechte in Bayern sein. Wir werden den
Druck so hoch wie möglich halten und weiter klarmachen, dass wir uns unsere
Freiheit nicht wegnehmen lassen. Genauso werden wir dafür kämpfen, dass
Geflüchtete menschenwürdig behandelt werden. Ebenso viel Bedeutung hat die
ökologische Frage. Wir werden uns in den nächsten fünf Jahren dafür einsetzen,
dass in Bayern endlich konkrete Maßnahmen zum Schutz der Natur und des Klimas
unternommen werden. Wir können nicht weiterhin zusehen, wie unsere
Lebensgrundlage vernichtet wird und werden alles dafür tun, um sie zu retten.
Auch bei der Gleichberechtigung von Frauen muss sich in Bayern einiges ändern!
Es ist beschämend, dass im neuen bayerischen Landtag nur 26,8 % Frauen sitzen
und nur 4 der 13 Minister*innen Frauen sind. Wir werden deswegen unsere
feministischen Positionen in der Gesellschaft, aber auch bei den GRÜNEN, deren
neuer Fraktion leider nur 45% Frauen angehören, noch stärker hochhalten als
bisher schon. Neben diesen Punkten werden wir auch in allen anderen wichtigen
Bereichen wie Verkehrs- und Bildungspolitik, Stadtentwicklung oder dem
Strukturwandel auf dem Land, unsere Positionen nach vorne stellen.
Für die bayerischen GRÜNEN beginnt nun eine Legislaturperiode, in der ihnen die
Rolle der Oppositionsführung zufällt. Wir als Jugendorganisation der Opposition
werden die GRÜNEN bei dieser verantwortungsvollen Aufgabe nach Kräften
unterstützen. Die bayerischen GRÜNEN und die GRÜNE JUGEND Bayern müssen und
werden das oppositionelle Kraftzentrum gegen die lähmende Politik der neuen
Staatsregierung sein. Es darf nicht der Anschein erweckt werden, dass die GRÜNEN
die besseren Freien Wähler in einer Koalition mit der CSU gewesen wären. Wir
machen unsere eigene, grüne, nachhaltige, solidarische und menschliche Politik
und unser Ziel ist es, bis zur nächsten Landtagswahl Mehrheiten jenseits von CSU
und AfD zu schaffen.
Auf Bayern kommen in den nächsten Jahren große Herausforderungen zu. Die
Lösungen von gestern, die die neue Staatsregierung anbietet, werden diesen
Herausforderungen nicht gerecht werden. Eine gute Zukunft können wir nur
schaffen, wenn wir echten Veränderungswillen zeigen. Mit diesem Willen, viel
Motivation und mit Zielen, für die es sich zu kämpfen lohnt, gehen wir als GRÜNE
JUGEND Bayern die nächsten Jahre an.
Begründung
Erfolgt mündlich.
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