Veranstaltung: | 44. Landesjugendkongress |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 4 Schwerpunktthema Klimaschutz |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Mitgliederversammlung GJ Bayern |
Beschlossen am: | 11.05.2019 |
Eingereicht: | 13.05.2019, 15:25 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Klima: Das wird man ja wohl noch retten dürfen!
Beschlusstext
Die Bewältigung der Klimakrise erfordert nicht nur eine grundsätzliche
Veränderung des Wirtschaftssystems, sondern auch ganz konkrete Maßnahmen, die so
schnell wie möglich umgesetzt werden müssen. Nicht nur in Bayern, aber dort ganz
besonders, hat die Union Klimaschutzmaßnahmen wie die Energie- und die
Verkehrswende in den letzten Jahren abgewürgt. Diese Blockade muss endlich
enden! Für uns ist klar, dass wir jetzt sofort damit beginnen müssen, die
Klimakrise zu bekämpfen. Sonst ist es zu spät! Insbesondere in den drei
Bereichen Verkehr, Energie und Landwirtschaft müssen jetzt Maßnahmen umgesetzt
werden. Generell müssen im Gegenzug klimaschädliche Subventionen abgebaut werden
und unter anderem mit den dabei freiwerdenden Mitteln die Maßnahmen zum
Klimaschutz finanziert werden.
Für eine echte Verkehrswende!
Mobilität ist eine der zentralen Errungenschaften unserer modernen Gesellschaft.
Sie sollte für alle Menschen zur Verfügung stehen, egal, wo sie wohnen und egal,
wie viel Geld sie haben. Mobilität muss aber auch klimaverträglich sein. Der
Verkehrssektor ist der einzige, in dem die CO2-Emissionen seit 1990 nicht
zurückgegangen sind. Das liegt insbesondere am immer noch wachsenden Autoverkehr
und immer größer und schwerer werdenden Autos. Zurzeit ist Bayern Autoland – das
muss sich ändern, wenn die Emissionen des Verkehrssektors entscheidend reduziert
werden sollen. Subventionen für den fossil motorisierten Individualverkehr wie
die niedrigere Energiesteuer auf Diesel im Vergleich zum Benzin oder das
Dienstwagenprivileg müssen umgehend abgeschafft werden. Statt der
Pendlerpauschale sollte es Zuschüsse auf Nahverkehrstickets und den Kauf von
Fahrrädern geben. Zudem sollte auf Autobahnen ein Tempolimit von 120 km/h
eingeführt werden. Ab 2025 sollte ein Verbot des Verkaufs von Autos mit
Verbrennungsmotor gelten, wie es in Norwegen schon jetzt der Fall ist. Bis dahin
muss die Infrastruktur für alternative Antriebskonzepte soweit ausgebaut sein,
dass ein sinnvoller Übergang möglich ist. Es reicht jedoch nicht, die
vorhandenen Autos mit Verbrennungsmotor durch solche mit einer anderen
Antriebstechnologie zu ersetzen. In Zukunft muss es insgesamt deutlich weniger
Autos geben, insbesondere in den Städten. Dort stehen viel zu viele Flächen
allein dem Autoverkehr zur Verfügung, was einer enormen Privatisierung des
öffentlichen Raums gleichkommt. Doch öffentlicher Raum muss für alle Menschen da
sein! Dazu kommt die starke Luftverschmutzung durch den Autoverkehr in den
Städten sowie die starke zusätzliche Erhitzung der Städte durch die
Asphaltflächen und den Autoverkehr, was in Zeiten des Klimawandels sehr
problematisch ist. Wir fordern deswegen eine deutliche Reduzierung der
öffentlichen Parkflächen in Städten sowie eine starke Verteuerung des Parkens.
Bis 2030 sollten die Innenstadtbereiche aller bayerischen Großstädte autofrei
sein.
Öffentlichen Nahverkehr und die Bahn ausbauen!
Statt dem Auto brauchen wir klimafreundliche Verkehrsmittel. Wir wollen den
öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und die Bahn deutlich ausbauen, um so
alle Menschen an klimafreundlicher Mobilität teilhaben zu lassen. Die Mittel des
Freistaates Bayern für den ÖPNV müssen verdoppelt werden. Davon sollte
mindestens die Hälfte in den Ausbau des ÖPNV auf dem Land fließen. Für alle
Menschen in Bayern sollte eine Mobilitätsgarantie mit mindestens einem
Stundentakt im ÖPNV zwischen 5 und 24 Uhr gelten. Alle Schüler*innen,
Auszubildenden, Freiwilligendienstleistenden und Studierenden sowie generell
alle Menschen unter 28 sollten ein kostenloses, bayernweit gültiges Jahresticket
für den ÖPNV und den Nahverkehr der Deutschen Bahn erhalten. So können junge
Menschen an den ÖPNV gebunden werden. Bahnnebenstrecken müssen erhalten und
ebenso wie alle anderen bisher nicht elektrifizierten Bahnstrecken in Bayern bis
spätestens 2025 elektrifiziert werden. Zudem sollten stillgelegte Bahnstrecken
reaktiviert und neue Bahnstrecken dort errichtet werden, wo Städte über 15.000
Einwohner*innen keinen Bahnanschluss besitzen sowie zur Verbesserung des Fern-
und Hochgeschwindigkeitsverkehrs. Die Ticketpreise der Deutschen Bahn wie auch
im ÖPNV müssen stark gesenkt werden, um die Attraktivität der Bahn im Vergleich
zum Auto und zum Flugverkehr zu erhöhen. Die Mindereinnahmen sollten aus den
allgemeinen staatlichen Mitteln ersetzt werden.
Freie Fahrt fürs Rad!
Der Radverkehr ist ebenfalls ein entscheidender Teil einer klimafreundlichen
Verkehrswende. Sein Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen muss vor allem in den
Städten deutlich ansteigen. Alle Kommunen in Bayern sollten sich Radstrategien
geben, die einen deutlichen Ausbau der Radinfrastruktur verpflichtend vorsieht.
Dazu gehören mehr und vor allem breitere Radwege mit einer sicheren und
sinnvollen Wegführung. Um diese zu bauen, müssen zunächst Flächen des
Autoverkehrs herangezogen werden, bevor Grünflächen neu versiegelt und Bäume
gefällt werden. Der Freistaat Bayern muss den Ausbau solcher Radwege finanziell
fördern, um auch weniger reichen Kommunen diese Investitionen zu ermöglichen.
Darüber hinaus setzten wir uns dafür ein, dass alle bayrischen Städte, Märkte
und Gemeinden fahrradfreundliche Kommunen werden, es überall
Radstellplatzsatzungen, ausreichende Abstellanlagen an öffentlichen
Einrichtungen und es eine Förderung von Lastenrädern und Radverleihsystemen
gibt.
Flugverkehr einschränken!
Zu den klimaschädlichsten Fortbewegungsmitteln gehört das Flugzeug. Wir fordern,
dass Kerosin und internationale Flugreisen in Zukunft besteuert werden. Darüber
hinaus müssen Flüge, bei denen die Strecke in unter sechs Stunden mit dem Zug
zurückzulegen wäre, verboten werden. Ebenso plädieren wir für den Ausbau der
Nachtflugverbote. Insgesamt muss der Flugverkehr weniger werden, anstatt weiter
zu wachsen! Eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen lehnen wir deshalb
weiterhin entschieden ab.
Energiewende heißt raus aus der Kohle!
Nicht nur beim Verkehr, sondern auch in der Energiepolitik muss einiges
geschehen, um die Pariser Klimaziele einzuhalten. Einer der klimaschädlichsten
Energieträger ist dabei die Braunkohle. Doch anstatt sofort aus der Kohle
auszusteigen, hat die von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission
lediglich 2038 als Ausstiegsdatum festgesetzt und dies als „Konsens“ bezeichnet.
Für uns ist das kein Konsens, denn wir junge Menschen, die die Folgen der
Klimaerwärmung in der Zukunft ausbaden müssen, saßen nicht am Tisch! Wir fordern
einen Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland bis 2025 und in Europa
bis 2030. Damit einhergehen müssen Infrastrukturprogramme für die Regionen, in
denen zurzeit Kohleabbau stattfindet.
Erneuerbare Energien stärken!
Die Stromversorgung muss zu 100% auf Erneuerbare Energien umgestellt werden –
anders ist der Kampf gegen die Klimakrise nicht zu gewinnen! Wir wollen dieses
Ziel in Bayern bis spätestens 2030 erreichen. Dafür muss die unsinnige 10H-
Regelung gestrichen und der Ausbau der Windkraft in Bayern massiv vorangetrieben
werden. Die Energiewende muss dezentral umgesetzt werden. Das heißt, dass die
Erzeugung und auch die Speicherung von Strom in vielen kleinen, gut verteilten
Einheiten im ganzen Land geschehen sollte. Hierbei sollte neben der Windkraft
auch die Photovoltaik eine große Rolle spielen, denn in Bayern ist die
Sonneneinstrahlung vergleichsweise hoch. Als erster Schritt sollten alle
öffentlichen Gebäude in Bayern mit Photovoltaik versehen werden. Für private
bereits bestehende Gebäude wie auch für Neubauten sollten großzügige Förderungen
für die Installation geschaffen werden, außerdem eine Pflicht zur Installation
einer solchen Anlage bei Neubauten. Neben der Stromerzeugung müssen auch
Speichertechnologien stärker im Fokus stehen. Es sollte mehr in die Erforschung
solcher Technologien investiert werden, der Fokus sollte auch hier auf dezentral
nutzbaren Technologien liegen. Trotz der Dezentralisierung des Energienetzes
wird es jedoch immer noch notwendig sein, Stromtrassen aus dem Norden in den
Süden Deutschlands zu bauen, um Strom besser transportieren zu können. Diese
Stromleitungen sollten in ein europäisches Energienetz integriert werden, um
auch Produktions- und Speicherkapazitäten aus anderen europäischen Ländern
nutzen zu können.
Wohnraum ökologisch gestalten!
Ein weiterer Bereich, der wesentlich zum Energieverbrauch in Deutschland
beiträgt, ist die Klimatisierung von Gebäuden. Es ist deswegen wichtig,
Klimatisierung möglichst effizient und klimafreundlich zu gestalten. Dazu
sollten alle öffentlichen Gebäude sukzessive energetisch saniert werden. Für
private Gebäude sollten vor Ort kostenlose Beratungen angeboten werden, um die
Möglichkeiten energetischer Sanierungen umfassend aufzuzeigen. Für energetische
Gebäudesanierungen sollten zudem steuerliche Anreize geschaffen werden. Bei
Neubauten sollten verpflichtend hohe energetische Standards gelten. Der Neu-
Einbau von Ölheizungen muss dabei verboten werden, wie es beispielsweise in
Dänemark schon seit 2016 Standard ist. Um klimafreundliches Heizen
voranzubringen, sollten die Kommunen zudem vermehrt Nahwärmenetze schaffen, die
mit klimaneutralen Heizstoffen arbeiten.
Landwirtschaft – ökologisch statt klimaschädlich!
Auch in der Landwirtschaft muss sich etwas ändern, denn diese Branche ist für
rund 7% der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Hier wird weniger
CO2 ausgestoßen, sondern hauptsächlich Methan und Lachgas. Diese beiden Gase
haben jedoch eine deutlich größere Treibhauswirkung als CO2. Lachgas wird
insbesondere bei der Düngung der Böden mit stickstoffhaltigen Düngemitteln
freigesetzt. Methan entsteht in der Viehhaltung, insbesondere bei der Haltung
von Rindern. Es ist deswegen notwendig, die Zahl der gehaltenen Rinder zu
reduzieren. Darüber hinaus fordern wir die 100%ige Umstellung der Landwirtschaft
auf Ökolandbau bis spätestens 2030. Als Sofortmaßnahme sollte zudem nur noch
ökologische Landwirtschaft subventioniert werden. Dadurch wird nicht nur der
Stickstoffeintrag auf die Felder und damit der Ausstoß von Lachgas reduziert,
sondern auch der Artenreichtum in vielfältigen Lebensräumen erhalten. Als
weitere Maßnahme sollte der Umbruch von Grünland zu Ackerland eingeschränkt
werden, da durch den Umbruch CO2 freigesetzt wird. Auch sollten trockengelegte
Moore wieder geflutet werden, da in nassen Mooren CO2 sehr effizient gebunden
wird. Flächenversiegelung sollte in Zukunft netto ganz vermieden werden. Um die
Wälder, die CO2 ebenfalls stark binden, bestmöglich zu erhalten, fordern wir
außerdem die Ausweisung von 5 zusätzlichen Nationalparks.
Begründung
Erfolgt mündlich.