| Veranstaltung: | 52. Landesjugendkongress |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | TOP7 Politische Lage |
| Antragsteller*in: | Landesvorstand der GRÜNEN JUGEND Bayern (dort beschlossen am: 27.10.2023) |
| Status: | Eingereicht |
| Antragshistorie: | Version 2 |
L1: Bayern muss gerecht!
Antragstext
In unserer Kampagne haben wir die Frage gestellt “Bayern, kannst du gerecht?”,
weil wir ein Jahr hinter uns haben, in dem die Ungleichheiten noch viel mehr
zugenommen haben, als davor. Während Menschen im Winter in kalten Wohnungen
saßen und Angst vor der nächsten Heizkostenabrechnung hatten, haben Konzerne
Milliarden-Gewinne eingefahren. Die Inflation hat die Menschen mit wenig Geld am
härtesten getroffen und wirkliche Hilfe ist ausgeblieben: Der Mindestlohn wurde
um lächerliche 41 Cent angehoben, die Einmalzahlung mit 300 € war praktisch
sofort verpufft und für die Kindergrundsicherung ist nicht genug Geld da.
Gleichzeitig können Unternehmen mit Steuererleichterungen in Höhe von 7
Milliarden Euro rechnen – das ist Umverteilung von unten nach oben!
Und während in Bayern um jedes Windrad gekämpft wird, schlägt die Klimakrise
weltweit zu. Die Liste mit Unwettern, Waldbränden, Überschwemmungen,
Rekordschneefällen ist endlos. Wir müssen lernen: Klimaschutz ist keine
Selbstverständlichkeit, auch wenn die Klimakrise sichtbar wird. Wir müssen jeden
Schritt hart erkämpfen, egal ob im Verkehrsbereich, bei der Energieversorgung,
Gebäude-Sanierung oder in der Industrie. Und wir dürfen dabei nicht vergessen,
dass der Wandel nur mit den Menschen gelingen kann. Wir müssen gemeinsam mit den
Menschen für eine bessere Zukunft kämpfen und dabei für eine sozialen Ausgleich
sorgen. Die Klimakrise können wir nicht besiegen, wenn Menschen Angst davor
haben, dass sie für Klimaschutz bezahlen müssen, während Unternehmen dafür keine
Verantwortung haben.
Doch anstatt diese großen Herausforderungen anzugehen und Lösungen zu bieten,
werden zur Ablenkung Debatten über Migrationspolitik geführt. Die Überlastung
der Kommunen führt zu neuen Debatten über Abschiebungen, Abschottung und der
Abschaffung des individuellen Grundrechts auf Asyl. Diesen Positionen stellen
wir uns entschieden entgegen.
Die Überlastung der Kommunen ist dabei eine logische Konsequenz aus Jahrzehnten
der Sparpolitik und des Verzichts auf große Investitionen. Wenn das Geld der
Kommunen nicht reicht, um den Aufgaben nachzukommen und für die Unterbringung
und Integration von Geflüchteten weitere Einsparungen vorgenommen werden, spüren
das viele Menschen ganz direkt in ihrem Alltag. Deshalb fordern wir, dass der
Sparzwang für Kommunen endlich endet und Kommunen entsprechende Unterstützung
von Landes- und Bundesregierung erhalten.
Die Sparpolitik, die nun viele Kommunen lähmt, hat auch auf viele andere
öffentliche Infrastrukturen von Gesundheitswesen über Digitalisierung bis zur
Schieneninfrastruktur Auswirkungen. Deshalb fordern wir, die Schuldenbremse
abzuschaffen und notwendige Investitionen endlich in die Hand zu nehmen. Nur
wenn wir den Menschen zeigen, dass sie abgesichert sind und die soziale Krise
nicht ignoriert wird, können wir den Rechtsruck beenden.
Handeln statt verwalten! - Unsere Forderungen an die neue Landesregierung
In dieser angespannten gesellschaftlichen und politischen Lage muss die neue
Landesregierung den Ansprüchen der Menschen gerecht werden. Wir fordern die neue
bayerische Regierung zum Handeln auf:
- Wir fordern zielstrebigen und konkreten Klimaschutz. Dazu zählt auch eine
echte Mobilitätswende, mit kostenlosen und ticketlosen ÖPNV sowohl als
ökologische als auch als soziale Maßnahme.
- Wir fordern umfassende Verbesserungen im Schulsystem, denn die aktuelle
Situation und strukturelle Bedingungen trennen arm und reich und machen
Kinder und Jugendliche krank.
- Wir fordern bezahlbare Mieten durch eine effektive Deckelung der Mieten
und endlich genug Wohnraum auch in den Ballungszentren.
- Wir fordern ein Ende der der Sparpolitik, denn diese verhindert im Heute
dringend notwendige Investitionen in die Daseinsvorsorge und den
Klimaschutz. Gleichzeitig müssen Kommunen endlich ausreichend finanziert
werden, damit das Leben vor Ort wieder lebenswert wird und Kommunen
Integrationsaufgaben gut bewältigen können.
Für uns ist klar, dass die neue Regierung in der kommenden Legislatur
signifikante Verbesserungen im Leben der Menschen verfolgen muss, denn Bayern
ist ein Land voller Ungleichheiten. Diese sozialen und ökonomischen Konflikte
muss die zukünftige Regierung angehen. Bayern braucht endlich eine sozialere
Politik, die Gerechtigkeitsaspekte in den Vordergrund stellt und
Verteilungsfragen stellt. Diese fordern wir von CSU und FW ein. Die Koalition
darf die Menschen in der Krise jetzt nicht weiter alleine lassen.
Gemeinsam gegen den Rechtsruck und für eine starke politische Linke
Die Zeit vor der Landtagswahl und der Wahltag selbst waren ein Stresstest für
die Demokratie und die Haltung gegen Rechts in Bayern. Gleichzeitig fanden die
Wahlen in einer krisenhaften Zeit statt, in der wir uns als politische Linke
fragen mussten, wie wir zum einen unsere Zukunft noch retten können und zum
anderen viele Menschen ökonomisch verunsichert sind, armutsgefährdet sind oder
in Armut leben.
Für uns ist klar: Bayern ist ein Land voller Ungleichheiten. Diese
offenliegenden sozialen und ökonomischen Konflikte müssen wir als GRÜNE JUGEND
Bayern und als Teil der politischen Linken in den Fokus nehmen. Bayern braucht
endlich eine soziale Politik, die Gerechtigkeitsaspekte in den Vordergrund rückt
und Verteilungsfragen stellt – darauf pochen wir in den kommenden Wochen und
Monaten.
Als GRÜNE JUGEND Bayern wissen wir, dass der Gang zur Wahlurne alleine nicht
reicht in einem Kampf um ein besseres Morgen. Als politischer Jugendverband geht
es uns deshalb in Wahlkampfzeiten vor allem darum, Menschen nachhaltig zu
politisieren und aktiv zu machen für ein besseres Morgen und ein gerechteres
Bayern.
Gleichzeitig brauchen wir für echte Veränderungen eine starke politische Linke
in Bayern, die in die Offensive geht und stärker wird. Dafür müssen wir uns
organisieren und mehr werden. Das Schmieden linker Bündnisse und der Aufbau von
linken Netzwerken haben eine gesteigerte Relevanz für uns. Dabei stellen wir
Fragen von Teilhabe und Verteilung in den Fokus unserer politischen Arbeit.
Bayern-kannst-du-gerecht?-Kampagne
Um die politische Linke zu stärken, haben wir deshalb einen starken Fokus auf
soziale Themen gelegt. Die politische Linke muss endlich wieder lernen, die
Menschen da abzuholen, wo sie gerade stehen. Dies ist uns mit unseren
Forderungen und unserer Erzählung im Rahmen der Bayern-kannst-du-gerecht-
Kampagne gut gelungen. Darauf wollen wir aufbauen und setzen diese Strategie
deshalb fort.
Als GRÜNE JUGEND Bayern ist es uns gelungen, in vielen Orten Bayerns aktiv zu
sein und darauf wollen wir aufbauen: Wir wollen in die Breite Bayerns wirken und
nicht am Stadtrand der Großstädte halt machen. Deshalb gilt es für uns, diese
Lehre in aktives politisches Handeln umzusetzen.
Einordnung der Landtagswahl
Die Ergebnisse der Wahl zeigen uns, dass ökologische Themen einen festen Kern
von Wähler*innen hinter sich vereinen, aber auch, dass dieser Anteil aufgrund
der wirtschaftlichen Gesamtlage geschrumpft ist. Das bestätigt uns einerseits,
dass wir auf dem richtigen Weg sind, zeigt aber auch, dass im Punkto soziale
Politik nachgebessert werden muss.
Gleichzeitig betrachten wir die Wahlergebnisse der Parteien rechts der Mitte mit
großer Sorge.
Rechtspopulistische, rassistische und antisemtische Positionen wurden in den
letzten Monaten bis weit in die sogenannte "Mitte" der Gesellschaft hinein
anschlussfähig. Hubert Aiwanger und die Freien Wähler konnten von Aiwangers
Antisemtismus-Skandal sogar noch profitieren und gleichzeitig erstarkte auch in
Bayern die extrem rechte AfD. Es zeigt sich also, dass (extrem) rechte Parteien
sich neue Milieus erschließen konnten bzw. deren Positionen in Teilen der
Bevölkerung normalisiert wurden. Dabei spielen neben tradierten rassistischen
oder nationalistischen Weltbildern auch die aktuell angespannte finanzielle Lage
vieler Menschen und damit einhergehende Verlustängste oder jahrelange Gefühle
der Zurücksetzung durch tatsächliche Benachteiligung eine große Rolle.
Dabei spielen neben tradierten rassistischen oder nationalistischen Weltbildern
auch sowohl ein Gefühl der Vernachlässigung und Zurücksetzung, als auch
Verlustängste eine große Rolle. Außerdem konnten sich antisemitische
Verschwörungserzählungen während der Corona-Pandemie bis in die sogenannte
"Mitte" hinein ausbreiten.
In der Konsequenz sehen wir, dass rechtspopulistische und extrem rechte Parteien
all diese Anschlusspunkte für ihre politische Erzählung und ihren Wahlkampf
nutzen. Das bedeutet für uns, dass wir dagegenhalten müssen. Zum einen, indem
wir klar Stellung gegen Rassismus und Antisemitismus beziehen und deutlich
machen, wo Kontinuitäten zum NS liegen oder die Menschenwürde angegriffen wird.
Und zum anderen, indem wir selbst für sozial gerechte Politik eintreten, die die
(soziale) Infrastruktur, gerade auf dem Land, stärkt und den Menschen ihre
materiellen Ängste nimmt. In Zeiten der multiplen Krisen sind viele Menschen
verunsichert und sorgen sich um ihren Wohlstand. Bayern ist ein Land der
Ungleichheiten, egal ob beispielsweise die hohen Mieten für Studis und Azubis in
den Städten oder die niedrigen Renten, die ältere Menschen in die Armut stürzt.
CSU, Freie Wähler und die AfD nutzen die Verunsicherung für ihre Hetze und
spielen damit mit den Sorgen der Menschen. Gerade in diesen Zeiten braucht es
eine soziale Politik, die die Fragen von Teilhabe und Verteilung in den
Vordergrund stellt. So können wir den Vertrauensverlust in die Demokratie
bekämpfen.
Ein besonderes Augenmerk gilt dabei jungen Menschen, denn auch hier war ein
erheblich rechteres Wahlverhalten als noch 2018 klar erkennbar. Das politische
Erleben der Erstwähler*innen wurde von Krisenerfahrungen, existenziellen
Zukunftsängsten und dem Gefühl, für "die Politik" nicht wichtig zu sein,
geprägt. In den sozialen Medien, für viele junge Menschen die wichtigste
Informationsquelle, dominieren an vielen Stellen Beiträge der AfD, von extrem
rechten Influencer*innen oder aus der sogenannten, sexistischen "Incel"-Szene.
Es verwundert kaum, dass einige junge Menschen in diesem Setting entsprechend
politisiert werden. Als GRÜNE JUGEND Bayern müssen wir dieses Ergebnis deswegen
als Auftrag nehmen, Politik gegenüber jungen Menschen so zu kommunizieren, dass
die Lebensrealität junger Menschen adressiert wird und gleichzeitig konkrete,
aber auch kurzfristig umsetzbare v.a. soziale Forderungen zur Verbesserungen
dieser Realität aufgestellt werden. Und auch hier gilt, dass wir uns extrem
rechten oder sexistischen Akteur*innen klar und deutlich entgegenstellen müssen.
Gleichzeitig ist für uns als politischer Jugendverband aber auch klar, dass wir
ein gerechteres Bayern nicht mit der nächsten Wahl geliefert bekommen. Eine
gerechtere Zukunft müssen wir selbst erkämpfen. Deshalb ist es unser Ziel,
Menschen nachhaltig zu politisieren und aktiv zu machen für ein besseres Morgen
und ein gerechteres Bayern. Mit einem starken sozialpolitischen und ökologischen
Profil, das Gerechtigkeitsaspekte in den Vordergrund stellt, kämpfen wir für
eine starke politische Linke in Bayern.
Und jetzt?
Bayern hat ein enormes Problem mit Armut und Abstiegsängsten. Das Land ist im
Wohlstand gespalten, große Teile leiden enorm unter der Inflation und den
multiplen Krisen, die wir erleben. Diese soziale Schieflage wird von Rechten und
Konservativen ausgenutzt, um zu hetzen. Gleichzeitig bringt die Klimakrise
unsere Sicherheit in Gefahr. Es braucht unbedingt eine Politik, die entschieden
dagegen vorgeht. Innerhalb der politischen Landschaft in Bayern gibt es eine
Lücke für glaubwürdige Sozialpolitik und effektiven Klimaschutz. Diese Lücke
wollen wir ausfüllen und damit unseren Auftrag, die politische Linke zu stärken,
verfolgen. Als GRÜNE JUGEND Bayern kämpfen wir auf der Straße und üben Druck auf
die Landes- sowie Bundesebene aus. Als Gesellschaft haben wir einen Anspruch auf
gute Politik – diese fordern wir als GRÜNE JUGEND Bayern ein!
Begründung
erfolgt mündlich

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